Financial Wellbeing Tipps von Tony Buddenbrook

Die Buddenbrooks – kaum ein anderer Roman behandelt so eindringlich das Leben und den Niedergang einer Familie in der aufsteigenden deutschen Bourgeoisie. Thomas Manns epischer Familienroman, für den er 1929 den Nobelpreis für Literatur erhielt, schildert die Geschichte der fiktiven Kaufmannsfamilie Buddenbrook aus Lübeck über vier Generationen hinweg. Und Tony Buddenbrook, eine der Hauptfiguren des Romans, bietet Lektionen für das, was wir heute als Financial Wellbeing bezeichnen würden.

Als Hamburger spüre ich eine Nähe zur hanseatischen Geschichte der Buddenbrooks. Die Buddenbrooks sind nicht nur eine Familie, sondern auch ein Spiegel der hanseatischen Gesellschaft im 19. Jahrhundert, geprägt von Geschäftsgeist und Pragmatismus. Darüber hinaus allerdings auch einem starken Sinn für sozialen Status.

Es gibt eine Szene im Roman, die ich als besonders einprägsam empfand: Tony Buddenbrook, dann ungefähr 20-jährig, besucht das bescheidene Haus der Familie Schwarzkopf im Lübecker Vorort Travemünde. Sie stieg die “mit einem schlichten, undurchbrochenen Holzgeländer versehene Treppe” hinunter und nimmt den starken Geruch von Kaffee wahr. “Das schien der charakteristische Geruch des Hauses zu sein”. All diese Eindrücke sind eine Welt entfernt von den opulenten Sälen und dem Parfümduft, der ihr Zuhause prägt. Die Bescheidenheit und Einfachheit des Schwarzkopf-Hauses zieht Tony an, es wirkt authentisch, ehrlich und auf eine Weise erfüllend, die sie in ihrem eigenen aristokratischen Leben vermisst.

Die Beziehung, die sich zwischen Tony und Morten Schwarzkopf, dem Sohn der Familie, entwickelt, ist voller Potenzial. Morten, ein idealistischer junger Mann, steht im Kontrast zur materiellen Welt von Tony und dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Sie spürt eine tiefe Verbindung zu ihm, die weit über das hinausgeht, was Geld und Status ihr bieten können.

Aber schlussendlich entscheidet sich Tony gegen Morten. Sie trifft die "vernünftige" Wahl, die von ihrer Familie und der Gesellschaft erwartet wird: Sie heiratet, um den Status und das Vermögen der Familie Buddenbrook zu sichern, nicht aus Liebe. Dies ist ein Schritt, der schwerwiegende Auswirkungen auf ihr persönliches Wohlbefinden hat und in unglücklichen Ehen und persönlicher Unzufriedenheit mündet.

Natürlich ist Tony nur eine fiktive Figur—aber Thomas Mann baute sie nach seiner Tante Maria Elisabeth Amalia Hippolite Mann.

Maria Elisabeth Amalia Hippolite Mann (* 26. August 1838 in Lübeck; † 18. März 1917 in Dresden) war die Tante des Schriftstellers Thomas Mann und das Urbild der Figur Tony Buddenbrook seines Romans Buddenbrooks.

Was können wir aus Tonys Geschichte über Financial Wellbeing lernen?

Da ist zunächst einmal die Bedeutung der finanziellen Unabhängigkeit: Tony wird in eine sehr reiche Familie hineingeboren und hat im Laufe ihres Lebens Zugang zu beträchtlichem Wohlstand. “So bin ich nunmal”, sagt sie ein einer Stelle “mit keck hervorgehobener Oberlippe”. Und weiter: “Ich habe den Hang zum Luxus von meiner Mama”. Allerdings wird ihr Geld und Vermögen von anderen kontrolliert, insbesondere von den männlichen Mitgliedern ihrer Familie und ihren Ehemännern. Sie wird in eine unglückliche Ehe gedrängt, um das Familienvermögen zu sichern, und hat wenig bis gar keinen Einfluss auf ihre eigenen finanziellen Angelegenheiten. Diese Abhängigkeit beeinträchtigt ihre Fähigkeit, persönliches Glück und Zufriedenheit zu finden. Daher kann Tony als Beispiel dafür dienen, wie wichtig es ist, die Kontrolle über seine eigenen Finanzen zu haben und finanziell unabhängig zu sein.

Der Wert der Geldbildung: Tony zeigt wenig Interesse oder Verständnis für Geldmanagement und finanzielle Angelegenheiten. Ihre mangelnde finanzielle Bildung trägt dazu bei, dass sie von anderen abhängig ist und sich in finanziell unbefriedigenden oder schädlichen Situationen befindet. “‘Ich kann nicht annehmen, liebes Kind, dass Du über die finanzielle Lage deines Mannes unterrichtet bist', fragt in späteren Jahren Ihr Vater, der Konsul Buddenbrook. […] Die Finger seiner Rechten spielten behutsam mit dem Diamanten an ihrem Halse. “‘Nein Papa', antwortete Tony, ‘das muss ich gestehen. Ich weiß gar nichts. Mein Gott, ich bin eine Gans, weißt du, ich habe gar keine Einsicht.’” Tony Buddenbrooks Werdeggang unterstreicht die Bedeutung einer soliden finanziellen Bildung, um fundierte Entscheidungen treffen und ein stabiles finanzielles Wohlergehen erreichen zu können.

Natürlich widerspiegelt ihr Mangel an finanzieller Bildung auch den Status der Frau im 19. Jahrhundert. Aber eine meiner eigenen jüngeren Forschungen hat gezeigt, dass auch heute Frauen in Beziehungen sich oft zu sehr darauf verlassen, dass ihre männlichen Partner die Aufgabe der langfristigen finanziellen Planung übernehmen (selbst dann, wenn die Frau mehr verdient als ihr männlicher Partner. Übrigens zeigt die selbe Forschung, dass Männer sich zu häufig darauf verlassen, dass ihre Partnerinnen die richtigen finanziellen Entscheidungen treffen bei Lebensmitteleinkäufen, Weihnachtsgeschenken, Kinderkleidung- und erziehung). Diese Abhängigkeit ist ein Hindernis für die finanzielle Unabhängigkeit vieler Frauen. Tony Buddenbrook lernt diese Lektion auf die harte Weise.

Ein zentraler Punkt aber ist meiner Meinung nach die Notwendigkeit, finanzielle Entscheidungen mit persönlichen Werten abzustimmen. Tony opfert ihre persönlichen Wünsche und ihr Glück für Status und vermeintliche finanzielle Sicherheit (“vermeintlich”, weil das Buch behandelt immerhin den “Verfall” der Familie). Ein Kompromiss, der sich letztendlich als schädlich für ihr Wohlbefinden erweist. Natürlich ist finanzielle Sicherheit wichtig. Aber sie darf nicht zu Lasten unseres Glücks und unserer Zufriedenheit gehen. Dies ist ein Kernpunkt des Financial Wellbeing!

Eine weitere wichtige Lektion aus Tonys Geschichte ist die Erkenntnis, dass Geld und materieller Wohlstand nicht gleichbedeutend mit Glück sind. Ja: Geld ist wichtig — und darüber schreibe ich in meinem Buch. Aber trotz ihres Wohlstands fühlt sich Tony oft unerfüllt und unzufrieden. Sie sehnt sich nach etwas Tieferem und Sinnvollerem. Sie sehnt sich nach etwas, dass sie in der Beziehung zu Morten hätte finden können — einer Beziehung, die sie jedoch aufgrund finanzieller und sozialer Erwartungen ablehnt. Dies unterstreicht die Bedeutung, Geld nicht als einzigen Indikator für Erfolg und Glück zu sehen. Stattdessen sollte Geld als Werkzeug oder Zutat betrachtet werden, das uns hilft, ein erfülltes und zufriedenstellendes Leben zu führen.

Thomas Mann hat höchstwahrscheinlich noch nie den Begriff "Financial Wellbeing" gehört. Sein Fokus in "Buddenbrooks" lag auf der Darstellung des sozialen und kulturellen Wandels im 19. Jahrhundert, des Aufstiegs und Falls einer Familie, und der Rolle, die Geld und sozialer Status dabei spielen. Dennoch können wir diese wertvolle Lektionen aus dem Leben der Tony Buddenbrook ziehen.

Das Schicksal der Buddenbrooks ist in hohem Maße mit ihrer Beziehung zu Geld verknüpft. Ihre Haltung zu Geld und die finanziellen Entscheidungen, die sie treffen, tragen erheblich zu ihrem Verfall bei. Sie zeigen uns, wie wichtig es ist, ein gesundes Verhältnis zu Geld zu haben und finanzielle Entscheidungen im Einklang mit unseren persönlichen Werten und Zielen zu treffen.

Obwohl "Buddenbrooks" eine Geschichte aus einer anderen Zeit erzählt, sind die Lektionen, die wir daraus ziehen können, immer noch relevant. Sie lehren uns, dass Financial Wellbeing nicht nur darum geht, wie viel Geld wir haben, sondern auch darum, wie wir es verdienen, ausgeben und verwalten, um ein erfülltes und zufriedenstellendes Leben zu führen. Denn letztlich geht es bei Financial Wellbeing nicht nur um Geld, sondern auch um Glück, Zufriedenheit und persönliche Erfüllung.

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