Geld ist wichtig, aber nicht alles!
In den geschäftigen Korridoren der Wall Street war Sam Polk eine bemerkenswerte Figur. Bereits in seinen späten Zwanzigern hatte er sich in der hochrangigen Finanzwelt einen Namen gemacht. Sein Gehalt war beeindruckend. Boni erreichten oft Millionen. Auf den ersten Blick lebte er den Traum!
Doch mit dem Anstieg seines Kontostands wuchs auch ein nagendes Unbehagen. Er begann, einen Trend zu beobachten, nicht nur bei sich selbst, sondern auch bei seinen Kollegen: ein unstillbares Verlangen nach mehr. Mehr Geld! In einem Umfeld, in dem ein Millionenbonus, wie Polk in einem Artikel der New York Times enthüllte, nicht Dankbarkeit, sondern Unzufriedenheit hervorrief. Es war einfach nie genug.
Polk begann, diese unermüdliche Jagd nach Reichtum als eine Art Sucht zu erkennen. Nicht die Art, die mit Substanzen zu tun hat, sondern eine, die ebenso berauschend und potenziell schädlich ist. Die Jagd wurde nicht durch eine Leidenschaft für Finanzen oder den Wunsch, einen Unterschied zu machen, angetrieben. Es war der Versuch, tiefere emotionale Lücken mit Geldscheinen zu füllen.
Ein Wendepunkt kam mit einer unerwarteten Bonuszahlung. Diese veranlasste zur Selbstreflexion. Sam erkannte die schädlichen Auswirkungen des ungezügelten Reichtums auf sein Wohlbefinden und seine Beziehungen. Er merkte, dass es Zeit für eine Veränderung war.
2010 verabschiedete sich Polk von der Wall Street. Er richtete seine Energien auf die Gründung von Groceryships, heute bekannt als Feast – eine gemeinnützige Organisation, die einkommensschwache Familien mit Ernährungsproblemen unterstützt. Sein Übergang von einem Händler zu einem Sozialunternehmer spricht Bände: Echter Wert ist nicht nur monetär, und Erfüllung kann manchmal abseits der ausgetretenen Pfade gefunden werden.
Im Wesentlichen fand er heraus, dass Geld den Geist korrumpieren kann.
Von den hohen Wolkenkratzern der Wall Street lassen wir den Blick über den Atlantik schweifen und landen in Dortmund, Deutschland. Hier treffen wir auf eine Person, deren Entscheidungen sich von denen von Sam Polk unterscheiden. Aber vielleicht kommt hier eine ähnliche Denkweise zum Vorschein.
Heidemarie Schwermers Geschichte prahlt nicht mit Millionenboni. Ursprünglich Lehrerin und Therapeutin, sah sie in den 1980er Jahren aus erster Hand die finanziellen Kämpfe vieler Menschen. Inspiriert gründete sie den ersten Tauschkreis Deutschlands. Dieses Unterfangen ermöglichte es den Menschen, Fähigkeiten und Dienstleistungen ohne den Austausch von Geld zu handeln, was Schwermer dazu brachte, tiefer über den inneren Wert des Geldes nachzudenken.
1996 gab die Neugierde dem Handeln nach. Schwermer wagte den mutigen Schritt, ein Leben ohne Geld zu versuchen. Sie spendete die meisten ihrer Besitztümer und ging in einen komplexen Tauschhandel – eine Lektion für Essen, etwas Hausarbeit für Unterkunft. Was als 12-monatiges Experiment gedacht war, erstreckte sich über Jahrzehnte. Ihre Reise, verewigt in „Living Without Money", ist eine Erkundung einer alternativen Lebensweise.
Sam Polk suchte die Flucht vor den unermüdlichen Klauen des extremen Reichtums. Und Schwermer distanzierte sich freiwillig davon. Sam Polk und Heidemarie Schwermer gingen unterschiedliche Wege, aber ihre Geschichten teilen einige Kernbotschaften über den Platz des Geldes in unserem Leben.
Beide deuten darauf hin, wie Geld unsere Prioritäten verzerren kann. Sam, gefangen im hochriskanten Spiel der Wall Street, stellte fest, dass ständig wachsende Boni eine emotionale Leere nicht füllten. Heidemarie stellte die Grundlage des Geldes und seinen Einfluss auf unser Miteinander in Frage.
Es gibt ein zugrunde liegendes Thema in beiden Missionen, dass das Leben mehr bietet als nur finanzielle Ziele. Sam wechselte von den Finanzen zur Unterstützung von Gemeinschaften, und Heidemarie tauschte das traditionelle Leben gegen ein Leben, das auf Tausch und menschlicher Verbindung beruht.
Ihre Geschichten spielen mit dem Reiz eines einfacheren, geldfreien Daseins. Während Sam den Reichtum nicht vollständig aufgab, war sein Wechsel ein Schritt weg vom extremen Wohlstand. Heidemarie trieb dies auf die Spitze, indem sie ganz ohne Geld lebte.
Es ist klar, dass die Gesellschaft von solchen Geschichten fasziniert ist.
Wir fühlen uns oft zu denen hingezogen, die die Norm ablehnen, sei es die schnelllebige Welt der Finanzen oder der alltägliche Gebrauch von Geld.
Doch so packend diese Geschichten auch sind, es ist wichtig, ein Gleichgewicht in unserem Verständnis zu finden. Geld, obwohl nicht alles, ist in unserer Welt essenziell. Es bietet Sicherheit, Chancen und Optionen. Während wir die Warnungen von Sam und Heidemarie über die potenziellen Fallstricke des Geldes beherzigen sollten, dürfen wir die Herausforderungen und Härten des Mangels an Geld nicht vergessen. Den wahren Wert des Geldes zu schätzen bedeutet, sowohl seine Vorteile als auch seine potenziellen Gefahren zu erkennen.
Diese beiden Geschichten verdeutlichen ein paar Lektionen aus meinem Buch „Der Weg zu Glück und Wohlstand im 100-Jahre Leben”:
Geld allein macht nicht glücklich: Sowohl Sam Polk als auch Heidemarie Schwermer zeigen, dass finanzielle Sicherheit und Wohlstand nicht unbedingt zu einem erfüllten und glücklichen Leben führen. Polk erkannte, dass die ständige Jagd nach mehr Geld eine Leere hinterließ, die nicht gefüllt werden konnte. Schwermer hingegen entdeckte, dass man auch ohne Geld ein erfülltes Leben führen kann, indem man menschliche Verbindungen und Gemeinschaft schätzt.
Wahre Erfüllung kommt von innen: Beide Geschichten verdeutlichen, dass wahre Erfüllung und Zufriedenheit nicht von äußeren materiellen Besitztümern abhängen, sondern von inneren Werten, Beziehungen und dem Beitrag zur Gemeinschaft. Polk fand Sinn in der Arbeit mit einkommensschwachen Familien, während Schwermer durch den Tauschhandel und die Unterstützung anderer Erfüllung fand.
Reflexion über persönliche Werte: Beide Protagonisten ermutigen dazu, das eigene Leben und die eigenen Werte zu reflektieren. Polk und Schwermer stellten fest, dass ihre ursprünglichen Lebensweisen nicht mit ihren tieferliegenden Werten und Bedürfnissen übereinstimmten, und sie trafen mutige Entscheidungen, um dies zu ändern.
Geld als Werkzeug, nicht als Selbstzweck: Geld sollte als Mittel zum Zweck betrachtet werden, nicht als das ultimative Ziel. Es kann Sicherheit und Möglichkeiten bieten, aber es sollte nicht das zentrale Streben des Lebens sein. Polk und Schwermer zeigen alternative Wege auf, wie man ein sinnvolles Leben führen kann, ohne dem Geld die höchste Priorität zu geben.
In meinem Buch zeige ich, dass Geld zwar sehr wichtig ist, aber nicht das einzige Streben im Leben sein sollte. Oder umgekehrt, dass viele Dinge im Leben wichtig sind, einschließlich Geld.
In dieser Wahrheit liegt eine große mentale Herausforderung. Viele beharren darauf „Geld ist nicht so wichtig" und diese Menschen erleben dann oft finanzielle Unsicherheiten, Stress und begrenzte Möglichkeiten, ihr Leben voll auszuschöpfen. Oder umgekehrt: viele Menschen fokussieren einseitig die Anhäufung von mehr Geld. Diese Menschen erleben dann oft emotionale Leere, gestörte Beziehungen und das Fehlen von tieferer Erfüllung. Es ist wichtig, ein Gleichgewicht zu finden, das sowohl finanzielle Stabilität als auch persönliches Wohlbefinden ermöglicht.