Das Money-Mindset von Elizabeth Holmes

Elizabeth Holmes ist eine hochintelligente und gut ausgebildete Frau.

Als Zehnjährige wurde sie mal gefragt, was sie einmal werden wollte. Sie antwortete keck: „Milliardärin“.

„Würdest du nicht lieber Präsidentin werden“, wurde sie im Gegenzug gefragt. 

„Nein, der Präsident wird mich heiraten weil ich werde eine Milliarde Dollar haben“, soll sie geantwortet haben.

Sie schaffte es in die Stanford University. Allerdings schmiss sie das Studium, weil sie mit ihrem Unternehmen medizinische Diagnostik revolutionieren wollte.

Ihr Unternehmen war lange erfolgreich: Theranos erreichte eine Bewertung von rund 9 Milliarden US-Dollar, und Holmes selbst wurde als die jüngste selbstgemachte Milliardärin gefeiert. Sie wurde in den Medien hochgelobt und erschien auf dem Cover von renommierten Zeitschriften.

Doch dem steilen Aufstieg folgte ein dramatischer Fall. Sie flog auf. Die Technologie von Theranos lieferte nicht die versprochenen Ergebnisse. Und das Unternehmen beging massive Unregelmäßigkeiten und Fehlrepräsentationen.

Schließlich wurde Holmes wegen Betrugs angeklagt und verurteilt.

Im Mai 2023 begann sie ihre 11-jährige Haftstrafe.

Was ging schief?

Ich kenne Frau Holmes nicht. Und eine psychologische Analyse ohne direkte persönliche Kenntnisse bleibt spekulativ. Wir können und sollten nicht versuchen, ihre Motive oder innere Dynamik zu beurteilen. Aber wir können vorsichtige Schlüsse aus dem ziehen, was öffentlich bekannt ist.

Holmes war fest davon überzeugt, dass ihr Unternehmen die Welt verändern würde. Diese Überzeugung, gepaart mit einem starken Wunsch nach finanziellem Erfolg und Anerkennung, könnte sie dazu verleitet haben, ethische und rechtliche Grenzen zu überschreiten. Hier zeigt sich ein Glaubenssatz, der das eigene Produkt und die eigene Mission über alle anderen Aspekte stellt, einschließlich der Realität und der Verantwortung gegenüber Investoren und Kunden.

Holmes' optimistische und selbstsichere Art könnte dazu geführt haben, dass sie die Risiken und Herausforderungen unterschätzte, denen ihr Unternehmen gegenüberstand. Ein starker Optimismus-Bias und eine gewisse Kurzsichtigkeit könnten ihr die klare Sicht auf potenzielle Probleme und ethische Bedenken vernebelt haben.

Trotz ihres Fokus auf das Wachstum von Theranos hatte Holmes paradoxerweise ein Knappheits-Mindset. Ihr einseitiger Fokus lag auf dem unmittelbaren Erfolg und der Anerkennung ihres Unternehmens, was sie daran hinderte, das große Ganze zu sehen – insbesondere die langfristigen Auswirkungen ihrer Entscheidungen und die Notwendigkeit, ethische und rechtliche Standards einzuhalten.

Aus dem Fall Holmes können wir wichtige Erkenntnisse für unser eigenes Money-Mindset und ein erfolgreiches 100-Jahre Leben gewinnen:

  • Es kann sich lohnen, ambitioniert zu sein. Aber ebenso wichtig ist es, realistische (und ethische!) Glaubenssätze zu pflegen, die unser Handeln leiten.

  • Ein optimistisches Mindset ist wertvoll. Es muss aber auch durch eine realistische Einschätzung von Risiken und Herausforderungen ergänzt werden.

  • Ein 100-Jahre Leben erfordert eine langfristige Perspektive in der Finanzplanung. Kurzfristiger Erfolg sollte nicht zu Lasten des langfristigen Erfolgs gehen.

  • Auch bei starkem Wachstumsfokus sollten wir uns davor hüten, in die Knappheitsfalle zu geraten und dabei das umfassendere Bild aus den Augen zu verlieren.

Die Geschichte von Elizabeth Holmes unterstreicht eine zentrale Erkenntnis: Positives Wissen allein reicht nicht aus, um im Leben erfolgreich zu sein. Trotz Holmes' Intelligenz und fundiertem Wissen führten ihre Entscheidungen letztendlich zum Scheitern von Theranos. Und ihrem persönlichen Scheitern. (Zumindest vorrübergehend. Wer weiß: sollte Holmes 11 Jahre Gefängnis absitzen, dann ist sie ungefähr 50 bei Freilassung. In einem 100-Jahre Leben befindet sie sich dann am Mittelpunkt ihres Lebens. Noch hat sie Zeit, vieles zum Positiven zu wenden).

Die Geschichte von Elizabeth Holmes erklärt vielleicht die Ergebnisse des am Anfang des Kapitels vorgestellten Quiz. Darin wurde deutlich, dass Menschen wider besseren Wissens oft nicht klug handeln.

Ihr Fall verdeutlicht, wie wichtig es ist, über bloßes Wissen hinaus ein tiefgreifendes Verständnis für die Komplexität und die Konsequenzen unserer Entscheidungen zu entwickeln. Es zeigt, dass ein erfolgreiches Money-Mindset eine Kombination aus Wissen, emotionaler Intelligenz und der Fähigkeit, über die unmittelbaren Umstände hinauszublicken, erfordert. Dies gilt insbesondere für ein 100-Jahre Leben, in dem langfristige Planung und Anpassungsfähigkeit an sich ändernde Umstände essentiell sind.

In unserem Streben nach finanzieller Sicherheit und Erfolg müssen wir daher nicht nur unsere finanziellen Fähigkeiten berücksichtigen. Sondern auch unser Money-Mindset!

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Die Literatur von Bernhard Schlink

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